#201: Das Kind in uns – der Spiegeltest für Feuerwehrleute

Wir Feuerwehrleute sind schon sonderbare Wesen. Aber eines eint uns mit dem Rest der Menschen. Wir alle haben eine Kindheit erlebt und sind heute – der eine mehr, der andere weniger – erwachsene Persönlichkeiten, im besten Falle ausgewachsene Feuerwehrleute 🙂 Manchmal blitzt das “Kind im Mann oder in der Frau “ aber durch. Wenn wir das sagen, meinen wir, dass wir, wie Kinder, verspielt sind, manchmal auch unvernünftig und das hält uns kreativ und mutig. Ist also eine gute Sache. Manchmal kann das Kind in uns aber auch richtig nerven und das ist dann der Fall, wenn wir uns klein fühlen, zurückgesetzt und in unserem Selbstwert gekränkt. Ein Beispiel aus dem Feuerwehralltag soll verdeutlichen, welche negativen Auswirkungen es haben kann, wenn man sich im so genannten Kind-Ich befindet und was man tun sollte, um wieder zurück ins Erwachsenen-Ich zu kommen.

Spieglein, Spieglein… - die Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen

0-3 Jahre: In dieser Lebensphase unterscheiden wir noch nicht zwischen Außenwelt und Innenwelt. Im Prinzip ist alles eins, was so viel bedeutet wie: Wir vergleichen uns nicht mit anderen, die Außenwelt hat also keinen Einfluss auf unsere Persönlichkeit.

Ab 3 Jahre: Ab hier beginnen Kinder sich selbst wahrzunehmen und verstehen, dass es auch eine Außenwelt gibt, der Anfang für die eigenständige Persönlichkeitsentwicklung und das Sozialverhalten. Im so genannten Spiegeltest kann man erleben, dass Kinder ihr Spiegelbild als Abbild ihres Selbst wahrnehmen: Malt man einem Kind einen roten Punkt auf die Nase und stellt es vor einen Spiegel, greift es nicht mehr zum Spiegel, um den Punkt zu berühren, sondern auf die eigene Nase. Es hat also kapiert: Hier gibt es einen Unterschied zwischen mir und der Umwelt. 

Diese Zeit ist eine regelrechte Gefühlsachterbahn, denn auf der einen Seite wollen Kinder Neues entdecken und haben Sehnsucht nach mehr Selbstständigkeit, können aber die Gefahren der Außenwelt noch nicht richtig einschätzen. 

Wer von euch eigene Kinder hat weiß sicher, was ich meine. Kinder, die auf dem Spielplatz glauben, sie müssten mal die Rutsche rückwärts runter springen, weil sie ihre “Freiheit” genießen, aber noch nicht verstehen, dass die Landung recht schmerzhaft werden könnte… Deshalb setzen wir Eltern Grenzen. Keine leichte Zeit für Eltern, aber auch nicht für Kinder. Um als Kind weiterzukommen und sich mehr Freiräume zu erobern, müssen sie lernen, das zu machen, was ihnen ihre Eltern sagen. Sie lernen also so zu denken wie die Eltern, um sich sicher in der Welt zu bewegen.

In dieser Zeit erleben Kinder ihre Eltern als fürsorglich und unterstützend aber auch bewertend und strafend. 

Erwachsen werden

Adapieren wir all diese Gebote, Verbote und Warnungen aber in unser Erwachsenendasein, obwohl sie eigentlich gar nicht mehr zu unserem Leben passen und nicht mehr angemessen sind, wird es problematisch. Denn was wir dann tun ist, uns in bestimmten Situationen mit den bewertenden und strafenden Gefühlen, die uns unsere Eltern vermittelt haben, zu identifizieren, obwohl wir heute eigenständige erwachsene Persönlichkeiten sind. Das Verhalten der Eltern projizieren wir also auf den Vorgesetzten, Freunde, Partner oder Nachbarn und fühlen uns wie damals als Kinder, bewertet und bestraft.

Das Kind in uns Feuerwehrleuten

Probleme mit Vorgesetzten, Kommunikationsschwierigkeiten, kameradschaftliches Fehlverhalten, Aggressivität, Missverständnisse, etc… Die Palette an ungünstigen Verhaltensmustern ist groß und liegt, wie wir jetzt wissen, oft in der Kindheit begründet. Wenn wir uns so verhalten, sind wir IMMER im Kind-Ich verhaftet.

Beispiel aus der Feuerwehrpraxis

Feuerwehrmann Tobi will befördert werden. Sein Vorgesetzter verweigert das, es kommt zum Streitgespräch. Tobi fühlt sich nicht wertgeschätzt, hintergangen und absolut unfair behandelt. Er verharrt derartig in seiner Position, dass er überhaupt keinen rationalen Blick mehr auf die Entscheidung seines Vorgesetzten hat, obwolh es gute rationale Gründe für seine Entscheidung gibt. Das ist ein klares Zeichen von Kind-Ich-Verhalten. 

Hinweise und Selbsttest

Nicht, dass du dir jetzt einen roten Punkt auf die Nase malen und vor dem Spiegel beobachten solltest, ob du dir an die Nase greift oder den Spiegel berührst. Ich denke über diesen Punkt sind wir hinweg, aber wenn du zum Beispiel:

  • Probleme hast, Verantwortung zu übernehmen
  • dich gerade in Interaktion mit anderen hilflos, zurückgesetzt oder überfordert fühlst,
  • aggressiv und/oder trotzig wirst,
  • oft auf die Hilfe von Stärkeren hoffst oder
  • die Verantwortung für dein Handeln und dein Leben verweigerst,

Zu deiner Beruhigung, falls du dich jetzt in dem ein oder anderen Punkt wiedererkannt hast – KEINE PANIK – ich kenne niemanden, der nicht manchmal im Kind-Ich ist. Also ist das ganz normal. 

Vom Kind-Ich zum erwachsenen Feuerwehrmann

Was kann man aber jetzt machen, um diese ungünstigen Kind-Ich Verhaltensmuster abzulegen? Ab in den Sandkasten, spielen… Nein, natürlich gibt es hierfür Lösungen.

Die gute Nachricht ist, dass wir dem Kind-Ich niemals hilflos ausgeliefert sind und jederzeit die Option haben, uns wieder ins Erwachsenen-Ich zu beamen.

Nehmen wir nochmal unser Beispiel von eben. Was hätte Feuerwehrmann Tobi machen können, um sich wegen der Entscheidung seines Vorgesetzten nicht so klein zu fühlen?

Zum einen ist “Perspektivwechsel” das Zauberwort – denn hätte Tobi sich in seinen Vorgesetzten hineinversetzt und die rationalen Parameter seiner Entscheidung wahr- und ernstgenommen, dann hätte das für Verständnis gesorgt. Und die Situation hätte sich sofort entspannt. In diesem Moment wäre Tobi dann in seinem Erwachsen-Ich gewesen, welches –  im Gegensatz zum Kind-Ich –  in der Lage ist, Verständnis zu zeigen. Des Weiteren sollte man herausfinden, welches Bedürfnis eigentlich hinter dem Wunsch nach Anerkennung, Lob und der Beförderung steht und immer wieder sich den erwachsenen Feuerwehrmann ins Bewusstsein holen – mit dem es sich auch “lohnt” innere und äußere Dialoge zu führen.

Tobi hätte sich in dem Moment seines Kind-Ich-Zustands von seinem Vorgesetzten Anerkennung, Lob und einfach die Beförderung gewünscht.

Das Kind-Ich Thema kommt sehr häufig vor und kann äußerst belastend sein, weil es einen immer und immer wieder, je nach Trigger, in ein Ohnmachtsgefühl bringt und das nicht selten zu depressiven Verstimmungen, sogar Panikattacken führen kann. Deshalb gehört die Bearbeitung dieses Themas klar zu unserem Coaching-Repertoir. Carina und ich coachen diese Problematik sehr häufig – mit guten Erfolgen, wenn man die richtigen Tools verwendet. Wir arbeiten unter anderem mit dem so genannten Coaching-Dreieck, das aus der Transaktionsanalyse stammt. Dieses Tool kennt 3 Ich-Zustände – das Kind-Ich, das Erwachsenen-Ich und das so genannte Eltern-Ich. Letzteres ist ein weiteres Extrem der Ich-Zustände. Erstrebenswert ist immer das Erwachsenen-Ich. Wer übrigens Interesse an einem Coaching hat und sich an der Stelle persönlich weiterentwickeln möchte, kann gerne mit uns Kontakt aufnehmen. Wir bieten für unsere Klienten immer ein kostenfreies 30-minütiges Erstgespräch an.

Schaut mal in den Shownotes nach, da haben wir zum Thema Coaching einen Link mit mehr Infos eingepackt:

https://brand-punkt.de/coachingpaket-schnellangriff/

Übrigens steht ja bald die nächste Messe an. Die Messe Florian in Dresden öffnet ihre Tore vom 13.10. – 15.10.2022. Auch wir sind wieder mit dabei. Am 13.10.22 um 14:30 Uhr und am 14.10.22 um 13:30 Uhr werden wir im Saal Columbus 2 Vorträge zum Thema: Gesellschaftlicher Wandel, Organisationskonflikte, Pandemie – Wie man Personal für Hilfsorganisationen langfristig hält” halten und freuen uns, wenn ihr mit dabei seid. Mehr unter News.

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