#202: Frauenquote in der Feuerwehr – macht das Sinn?

Wenn Anna auf Partys erzählt, dass sie bei der Feuerwehr arbeitet, ist die Reaktion häufig: „Aha, im Büro?“ Dass die 26-jährige Frau Einsatzfahrzeuge fährt, Brände löscht und Personen aus Gebäuden rettet, das können sich die meisten nicht vorstellen. Aber Anna ist nicht der Typ, der sich darüber ärgert. „Ich kann das schon verstehen“, sagt sie. „Es gibt eben kaum Frauen bei der Feuerwehr.“

Ein Blick in die neueste Statistik zeigt: Unter 100 aktiven Feuerwehrleuten sind nur neun weiblich. Berufsfeuerwehrfrauen wie Anna sind noch viel seltener – ihr Anteil liegt nur bei 1,4 Prozent.
In Deutschland gibt es 83,24 Mio. Menschen, davon sind 42,05 Mio. weiblich, also eine Quote von  50,52 Prozent. Stellen wir uns einmal vor, es gäbe anteilig Frauen in den Wehren. Das hieße übersetzt: ca. 450.000 mehr Mitglieder, also 1,45 Mio. Damit wären viele Personalprobleme gelöst.  

Woran liegt es also, dass wir nicht genug Frauen in den Wehren haben?

Frauen in die Wehren? Was löst das aus? Was bringt uns das?

Wenn wir uns im Netz umschauen lesen wir Großartiges:

  • Weltfrauentag – Starke Frauen in Wetterauer Feuerwehren
  • Mehr Frauen in der der Feuerwehr – Aktion in Niedersachsen
  • Mit dem Fachbereich Frauen stellt der Deutsche Feuerwehrverband ein Forum zur Verfügung, in dem die Frauensprecherinnen/-vertreterinnen der Mitgliedsverbände einen fachlichen Dialog führen, sagt Karl-Heinz Frank vom DFV, der ja ein Mann ist.
  • Feuerwehr soll weiblicher werden – in Franken.
  • Frauen bei der Feuerwehr: Philippsreut in Bayern macht es vor. 
  • Initiativen für mehr Frauen und Vielfalt bei den Feuerwehren – feuerwehrmagazin.

Also, alle fordern mehr Frauen, wieso dauert das so lange? Wir schauen hierzu in die Historie.

Weibliche Feuerwehrangehörige gab es erstmals 1917 in Baden Württemberg, das hatte aber mehr mit dem ersten Weltkrieg zu tun, weil die Männer “im Feld” waren. In den 1970-er Jahren, ich erinnere mich als ganz junger Mann, gab es die ersten ernsthaften Bestrebungen, Frauen in die Wehr zu bringen. Der Widerstand war sehr groß. Nur ganz allmählich gewöhnten sich die “alten Herren” an den Gedanken, dass das Normalität ist, bzw. werden wird.
Historisch betrachtet gab es die erste Freiwillige Feuerwehr 1799 in Alzey. Das heißt, die Wehren kamen ca. 150 bis 170 Jahre ohne Frauen aus. Geht doch, rufen jetzt die Machos, ging ja auch früher.

Was also so lange als “Männerbastion” klar war, ist erst seit 40 bis 50 Jahren offen für Frauen und die Männer gewöhnen sich so langsam daran, dass frauenfeindliche Witze auch in der Feuerwehr schwierig geworden sind.

Heute geht es ohne Frauen nicht mehr. Trotzdem ist richtig, dass sich bis zum endgültigen Durchsetzen einer Idee, viel Zeit benötigt wird. Was ist da los mit uns Kerlen, warum akzeptieren wir das nur so schwierig. Hat das etwas mit dem schwachen Geschlecht zu tun? Wir sind die Helden, die ein Alleinstellungsmerkmal auf PA oder CSA haben? 

Frauen und Männer haben unterschiedliche Kompetenzen!

  • Natürlich gibt es körperlich Unterschiede, z.B. werden Männer recht selten schwanger und müssen dann ihren aktiven Dienst eine Zeit lang ruhen lassen.
  • Schon Charles Darwin stellte fest, dass Frauen und Männer unterschiedliche Gene und damit unterschiedliche epigenetische Parameter  in der Entwicklungsbiologie haben. Unterschiede in der Struktur des Gehirns und seiner Funktionen, Unterschiede in den Ausprägungen von Hormonen oder Unterschiede in psychologischen Persönlichkeitsmerkmalen wie Emotionalität, Motivation, kognitive Fähigkeit und Sexualität haben. Es wird angenommen, dass Unterschiede in der Art und Weise, wie Mädchen und Jungen erzogen werden, die Unterschiede im Verhalten vergrößern oder verkleinern können.
  • Frauen haben daher starke Kompetenzen im emotionalen Bereich. Während Frauen meist besser bei der Erkennung von Emotionen sind sowie bei der nonverbalen Verarbeitung, sind Männer meist besser, wenn es um Aufgaben im Bereich der Motorik oder räumlichen Orientierung geht.
  • Über emotionale Intelligenz wird oft gestritten. Sicher ist aber, dass Frauen ein geringeres Aggressionspotenzial haben. Sicher ist auch, dass sie bessere Streitschlichter sind.

„Frauen stehen sich manchmal selbst im Weg“, sagt die Bundesfrauensprecherin des Deutschen Feuerwehrverbands, Kerstin Schmidt. „Sie befürchten, dass ein Job, der traditionell von Männern ausgeübt wird, sie überfordert.“ Doch es gebe noch einen anderen wichtigen Grund, warum der Frauenanteil in traditionell männlich geprägten Berufen nur sehr langsam ansteige: „Es fehlt Frauen an Informationen – und an Vorbildern.“

Zurück zu Anna: Auf ihrer Feuerwache ist Anna die einzige Frau und noch dazu die Jüngste. Gibt es deshalb manchmal Probleme? „Nee“, sagt Anna. „Ich gehöre zum Team wie alle anderen und packe auch genauso mit an.“ Sprüche bekommt sie natürlich manchmal. „Wenn ich ins Löschfahrzeug steige, fragen die Kollegen: Sollen wir dir einen Kindersitz holen?“ Mit ihren 1,67 Metern sieht sie im Einsatzfahrzeug winzig aus. Doch Anna kann mit solchen Gags gut leben. „Dann drücke ich eben einen Spruch zurück.“ Unterschiede in der Gruppe seien zudem auch praktisch: „Ich kann zum Beispiel durch kleine Fenster krabbeln, durch die sonst niemand passt.“

Machen wir alles möglich, um Frauen in die Wehr zu bekommen. Unterstützen wir die Kampagne auf Orts- und Verbandsebene: Frauen an den Herd, den Brandherd. Machen wir uns locker und offen für die Damen in unseren Wehren. Alles, was ich bisher erlebt habe in meiner eigenen Wehr oder in anderen Wehren, war positiv. Frauen bereichern die Feuerwehrwelt. Spätestens dann, wenn wir begreifen, dass die Zahlen der Ehrenamtler weiter zurückgeht, müssen wir dieses Thema offensiv angehen. Wann ist das? SOFORT!

Übrigens steht ja bald die nächste Messe an. Die Messe Florian in Dresden öffnet ihre Tore vom 13.10. – 15.10.2022. Auch wir sind wieder mit dabei. Am 13.10.22 um 14:30 Uhr und am 14.10.22 um 13:30 Uhr werden wir im Saal Straßburg 2 Vorträge zum Thema: Gesellschaftlicher Wandel, Organisationskonflikte, Pandemie – Wie man Personal für Hilfsorganisationen langfristig hält” halten und freuen uns, wenn ihr mit dabei seid. Für mehr Infos über unsere Messe-Vorträge schaue unter News.

2 Gedanken zu „#202: Frauenquote in der Feuerwehr – macht das Sinn?

  1. Heike Thies Antworten

    Moinsen aus dem schönen Cuxhaven, ich habe grade die Folge 202 gehört und finde sie richtig gut.
    Ich selber bin eine spätberufene😉. Meine Söhne und mein Mann sind seit Jahren in der FF und vorletztes Jahr kam mein Ortsbrandmeister auf mich zu mir der Idee eine Kinderfeuerwehr zu gründen. Ich habe mit Absprache mit meinen drei „Männern“ zugesagt mit der Bitte das ich wenn ich die Gruppe übernehmen soll auch in die aktive Einheit eintreten möchte. Da ich den Kindern das ganze richtig erklären möchte und nicht nur nebenbei 😊 Gehörtes wiedergeben.
    Im Nachhinein finde ich das ich diesen Schritt schon viel früher hätte machen sollen. Es macht richtig Spaß mit den Kameraden und Kameradinnen auszurücken und Einheiten zu bilden. Auch das ich Anfang diesen Jahres die älteste beim Truppmann Lehrgang war war im Nachhinein schön (Granny) 😂.
    Lieben Gruß und vielen Dank für den guten potcast.
    Heike Thies

  2. Hermann Zengeler Antworten

    Guuude nach Cuxhaven. Erstmal Danke für Dein Kompliment, liebe Heike. Dass Du eine „spätberufene“ bist, ist völlig unwichtig. Denn was Du beschreibst und vor allem WIE Du es beschreibst zeigt deutlich, dass zwei unserer wichtigsten Motivatoren in Feuerwehren zu 100 % bei Dir erfüllt sind: Engagement und Kameradschaft! RESPEKT Frau Spätberufene ;—).

    LG Hermann

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